Das IDE hat einen Kriterienkatalog als Richtlinie zur Besprechung und Evaluation digitaler wissenschaftlicher Editionen erarbeitet. Der Katalog soll dabei helfen, Editionen im akademischen Diskurs zu verhandeln, eine best practice zu etablieren und die Methodendiskussion voranzutreiben.

Kriterien für die Besprechung digitaler Editionen, Version 1.1

Patrick Sahle; unter Mitarbeit von Georg Vogeler und den Mitgliedern des IDE; Version 1.1, Juni 2014 (Version 1.0, September / Oktober 2012)

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Vorbemerkungen zu diesen Kriterien

Geltungsbereich

Definitorik. Diese Handreichung zielt auf die Beschreibung und Evaluation von „digitalen Editionen“. Bei einer (wissenschaftlichen) Edition handelt es sich um die Publikation von Informationsressourcen, die eine erschließende Wiedergabe historischer Dokumente und Texte bieten. „Digitale Editionen“ werden nicht nur in digitaler Form publiziert, sondern folgen in ihrer Methodologie einem digitalen Paradigma – so wie traditionelle gedruckte Editionen eine Methodologie verfolgten, die dem Paradigma der Druckkultur entspricht.[1] Damit ist ein enges Verständnis digitaler Editionen abgesteckt. Bei vielen digitalen Ressourcen handelt es sich insofern nicht um digitale Editionen im engeren Sinne. Retrokonvertierte gedruckte Editionen oder vertiefende Digitalisierungs- und Erschließungsprojekte in Bibliotheken und Archiven überschreiten oft nicht die Schwelle zu „digitalen Editionen“ im hier verwendeten Sinne. Auch kann die Nicht-Erfüllung bestimmter Mindestanforderungen dazu führen, dass einer Publikation das Attribut „digitale wissenschaftliche Edition“ abzusprechen ist. Die Frage, ob es sich bei einer Ressource um eine Edition (und in welchem Sinne) handelt, sollte in einer Besprechung beantwortet werden. Diese Richtlinien versuchen allerdings so allgemein zu sein, dass sie häufig auch auf Nicht-Editionen anwendbar sein dürften.

Genres und Schulen. Diese Richtlinien versuchen auch deshalb möglichst allgemein zu sein, um der Vielfalt der edierbaren Gegenstände und der editorischen Schulen gerecht zu werden. Es muss zugestanden werden, dass alle Dokumente und Texte, die sich in einer historischen Distanz zu uns befinden und die zum Zwecke der weiteren Benutzung in Wissenschaft und Öffentlichkeit kritisch erschlossen und repräsentiert werden, zu Editionen führen können. Ebenso muss akzeptiert werden, dass es verschiedene legitime editorische Zielstellungen geben kann. Der bewusste Verzicht auf Rekonstruktion und Emendation, die Ablehnung einer stellenorientierten Varianzverzeichnung[2] oder die Wahl eines bestimmten Wahrnehmungsfilters für die Transkription kann methodisch gut begründet sein. Es bleiben deshalb hier nur drei notwendige Bedingungen:

  • die nachvollziehbare Begründung des jeweiligen speziellen Vorgehens mit klarer Beschreibung der Editionsregeln
  • die Erfüllung der allgemeinen Mindestanforderungen an digitale Editionen, was die Einhaltung der Regeln und die allgemeine wissenschaftliche Qualität betrifft
  • ein editorisches Konzept, das sich nicht aus den technischen (und damit methodischen) Restriktionen der Drucktechnologie ergibt, sondern ein „digitales Paradigma“ verfolgt

Zeitlichkeit. Die Bewertung digitaler Editionen greift auf die etablierten Traditionen der Editorik des Druckzeitalters und auf die Erfahrungen mit digitalen Editionen aus den letzten Jahrzehnten zurück. Es kann hier inzwischen auch von einer best practice ausgegangen werden, die sich in vielen Teilbereichen der Editorik stabilisiert hat. Die Besprechungen digitaler Editionen sollen helfen, diese best practice zu verbreiten und weiter zu kanonisieren. Dabei soll ein Grundstock von Anforderungen etabliert werden, der durch eine Edition „adressiert“ werden sollte, indem diese Anforderungen erfüllt oder ihre Nicht-Erfüllung begründet wird. Es kann aber nicht übersehen werden, dass sich viele Fragen noch in der Diskussion befinden und deshalb keine allgemeinen Anforderungen abgeleitet werden können.[3] Besprechungen digitaler Editionen sollen bei diesen Fragen auch einen Beitrag zur Methodendiskussion leisten. Die Richtlinien müssen von Zeit zu Zeit an den Fortschritt der Methodendiskussion angepasst werden.

Anwendung

Allgemeine und spezielle Kriterien. Es gibt allgemeine und abstrakte Kriterien, die für alle Arten von Editionen (und darüber hinaus) anwendbar sind. Diese sollten in einer Besprechung vollständig angewandt werden. Es gibt aber auch spezielle und eher Details betreffende Kriterien, die je nach Editionsgegenstand oder Editionsmethode im Einzelfall nicht anwendbar sind. Dies kann zweierlei bedeuten: „nicht anwendbar“ im Sinne der Nicht-Anwendbarkeit aufgrund der Vorgaben des Materials und „nicht angewandt“ aufgrund der methodischen Entscheidung der Editoren.[4]

Geschmacksfragen. Es gibt wenige Regeln und Vorgaben für digitale Editionen, die nicht diskutiert werden können. Es gibt etliche Aspekte, die zu Recht eingefordert werden können und für die es etablierte Lösungen gibt. Es gibt sehr viele Bereiche, in denen verschiedene vernünftige Lösungen nebeneinander existieren können. Es gibt viele Antworten, die diskutabel sind oder über die nicht gestritten werden kann, weil es sich um Geschmacksfragen handelt. Besprechungen können und sollen auch hierzu eine Position beziehen. Es sollte aber klar gemacht werden, dass es sich dabei unter Umständen um persönliche Einschätzungen handelt, die nicht in die Gesamtbewertung einer Edition einfließen sollten.

Rahmenbedingungen. Editionen müssen vor ihrem eigenen Hintergrund besprochen werden: ihrer Zielstellung und ihren finanziellen und zeitlichen Rahmenbedingungen sowie den bereits vorher verfügbaren Materialien (z.B. gedruckte Editionen). Es ist positiv zu bewerten, wenn Editionen „viel“ bieten, es ist aber auch zu respektieren, wenn selbst gesteckte enge Ziele erreicht werden. Werden selbst gesteckte große Ziele nicht erreicht, dann ist die „Zeitlichkeit“ der Präsentation und ihrer Besprechung zu berücksichtigen. Präsentation und Besprechung betreffen in der Regel einen bestimmten Zeitpunkt und nicht einen abgeschlossenen Zustand. Es ist deshalb zu prüfen, ob eine Edition zum Zeitpunkt der Besprechung eine „reife“ und inhaltlich sinnvolle Ausgabe ist. Die Besprechung einer digitalen Ressource ist auch die „kritische Begleitung eines Prozesses“ und ein „Verbesserungsvorschlag“.

Qualifikationsprofil der Rezensenten. Besprechungen digitaler Editionen erfordern eine Doppelqualifikation, weil sie einerseits fachspezifische Inhalte beurteilen und andererseits den methodischen Rahmen und seine Umsetzung aus der Warte der „Digital Humanities“ betrachten müssen. Besprechungen von digitalen Editionen können einen Schwerpunkt auf eine der beiden Seiten legen. Im Idealfall können ergänzende Meinungen (z.B. zum fachspezifischen Teil) eingeholt und die „Reichweite“ bzw. der Fokus einer Besprechung klar gemacht werden.

1. Präliminarien der Besprechung

1.1. Die Rezensenten. Fachlicher Hintergrund, institutionelle Verbindungen, Vorerfahrungen und thematische Interessen der Rezensenten sind anzugeben. Dies kann in einer ausführlichen Fußnote geschehen.

1.2. Bibliografische Erfassung. Im Normalfall muss eine digitale Edition „bibliografisch“ beschreibbar sein: Titel, Herausgeber, herausgebende Institutionen, Erscheinungsverlauf, (Web-)Adresse müssten klar angebbar sein. Wo schon dies Schwierigkeiten bereitet, ist es anzumerken.

1.3. Allgemeine Einleitung. Gegenstand und Thema der Publikation sind kurz zu beschreiben. In welchem fachlichen oder fachübergreifenden Horizont steht die Edition? Wie verhält sich die Ressource zu anderen gedruckten und vor allem digitalen Ressourcen, zu Vorläufern und Nachbarn. Welche Lücke versucht sie zu füllen?

1.4. Rahmenbedingungen. Wer sind die Editoren, die beteiligten Einrichtungen und die Mitarbeiter? Gibt es personelle oder inhaltliche Bezüge zu anderen Projekten? Welche finanziellen, personellen und zeitlichen Ressourcen haben für das Projekt zur Verfügung gestanden? Wie ist das Projekt, von wem, in welchem Umfang und mit welchen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten realisiert worden?

1.5. Zugänglichkeit. Sind allgemeine Rahmeninformationen leicht zugänglich? Gibt es ein Impressum, Kontaktinformationen und Ansprechpartner?

2. Gegenstand und Inhalte der Edition

2.1. Auswahl. Welche Relevanz kann die Edition für die Forschung haben? Welche Materialien sind zur Behandlung des gewählten Themas ausgewählt worden? Was sind die Gründe für diese Auswahl? Wie stehen diese Materialien im größeren thematischen Kontext? Ist die Auswahl nachvollziehbar?

2.2. Vorarbeiten und eigene Arbeiten. Was ist die Bearbeitungsleistung der Edition? Was ist aus Vorarbeiten (z.B. gedruckten Editionen) übernommen worden, was ist neu erstellt?

2.3. Inhalte. Was enthält die Edition in ihrer Publikation? Welche Mengen welcher Arten von Information werden bereit gestellt (Bilder, Transkriptionen / Volltexte, Kommentare, Kontextmaterialien, Bibliografien etc.)? Falls bestimmte Inhalte nicht angeboten werden, die man heute erwarten würde (z.B. Faksimiles): wird das Fehlen begründet?

3. Ziele und Methoden

3.1. Dokumentation. Reflektiert und dokumentiert die Edition ihre Ziele und Methoden? Oder sind sie nur implizit gegeben und müssen aus den Inhalten und der Umsetzung rekonstruiert werden?

3.2. Erkenntnisziele. Zu welchen (fachwissenschaftlichen) Fragestellungen will die Edition Informationen liefern? Zur Erforschung welcher Themenfelder trägt sie bei? Wie unterstützt sie diese Erkenntnisziele?

3.3. Aufgabe. Was will die Edition erreichen und leisten? Was ist die selbst gestellte Aufgabe? Was verspricht die Edition explizit und was suggeriert sie implizit, indem sie sich z.B. selbst terminologisch klassifiziert („Edition“, „kritische Edition“, „Portal“, „gesammelte Werke“, „digitales Archiv“ etc.). Welches Publikum will die Edition erreichen?

3.4. Methodik. Welcher editorischen Schule folgt die Edition? Was ist ihr methodischer Ansatz? Folgt sie z.B. einem idealistischen oder materialistischen Textbegriff? Zielt sie auf „Werke“ oder „Dokumente“? Wie bewertet sie die Überlieferung: gibt es Leitüberlieferungen oder werden alle Dokumente gleich behandelt?

3.5. Textbehandlung. Wie wird mit den Texten umgegangen? Welcher Wahrnehmungsfilter führt zu welchen Transkriptionsregeln? Wie detailliert ist die Transkription? Wo sind die Texte auf einer Skala zwischen Dokumentnähe und Verarbeitung zu verorten? Werden Texte zu idealen Texten zusammengeführt bzw. editorische Texte konstruiert?

3.6. Kritik und Erschließung. In welcher Weise findet eine editorische Quellenkritik (z.B: als Analyse der Überlieferung) und Erschließung der Dokumente und Texte statt?

3.7. Modellierung. Wie wird die editorische Methodik technisch umgesetzt? Welches Datenmodell wird verwendet? Welche Datenformate werden benutzt? Folgt man den gängigen Standards (z.B. den Richtlinien der TEI?)? Ist die Modellierung ausreichend dokumentiert? Wird ein Nicht-Befolgen der gängigen Standards begründet?

4. Umsetzung und Präsentation

4.1. Technische Architektur. Mit welcher Technik ist die Publikation umgesetzt?

4.2. Oberfläche. Ist die Oberfläche übersichtlich und intuitiv benutzbar? Werden die Inhalte effektiv zugänglich gemacht? Versteht man innerhalb von 10 Sekunden, was der Gegenstand der Edition ist, was sie enthält, was sie damit bezweckt und wie man zu den Inhalten kommt? Folgt die Oberfläche allgemein üblichen visuellen Mustern? Ist dem Benutzer zu jeder Zeit klar, wo in der Edition er sich gerade befindet, was der gerade dargestellte Inhalt ist und wie man von der gegenwärtigen Stelle aus zu allen anderen Inhalten kommt?

4.3. Browse. Welche Browsing-Zugänge werden angeboten? Erlauben die Browsing-Zugänge eine einfache und rasche Auswahl aller Inhalte?

4.4. Search. Gibt es eine allgemeine, ggf. auch eine spezielle Suche? Was leistet diese? Wie wird vermittelt, wonach gesucht werden kann? Ist eine Suche ohne detaillierte Projektkenntnisse sinnvoll möglich? Gibt es Hilfetexte, Indizes, Auto-Completion / Vorschlagsfunktionen?

4.5. Register und Indizes. Gibt es weitere Aufbereitungen der Inhalte, die als Zusammenstellungen, Register oder Indizes die Übersicht über die Edition und den Zugang zu den Inhalten unterstützen? In welcher Weise werden die in 3.6. genannten Erschließungsinformationen für die Präsentation nutzbar gemacht?

4.6. Darstellung und Qualität der publizierten Inhalte. Ist die Qualität digitaler Abbildungen ausreichend? Sind die Texte fehlerfrei? Gibt es Annotationen zu den Texten (Textkritik, Sacherschließung etc.)? Werden Inhalte auf verschiedene Weise angeboten? Dies kann z.B. der Fall sein, wenn Texte sowohl quellennah, als auch normalisiert angeboten werden.

4.7. Erschließungsinformationen zur Beschreibung und Vernetzung. Wie sind die Inhalte erschlossen? Sind die enthaltenen Objekte z.B. durch menschenlesbare und/oder technische Metadaten klar beschrieben? Sind die Inhalte untereinander vernetzt? Sind Text und Bild verbunden? Sind sie mit den kontextualisierten Materialien verbunden? Gibt es eine externe Vernetzung zu Ressourcen außerhalb der Edition?

4.8. Referenzierbarkeit und Zitation. Sind die Inhalte der Edition dauerhaft adressierbar? Auf welcher Ebene der Granularität sind sie adressierbar? Durch welche Mechanismen und Systeme? Gibt die Edition Zitationsempfehlungen?

4.9. Technische Schnittstellen. Gibt es technische Schnittstellen (z.B. OAI-PMH, REST etc.) für die weitere Arbeit mit den Inhalten? Gibt es eine Möglichkeit zum Download oder zum „harvesten“ der Inhalte? Sind die Inhalte (z.B. für andere Werkzeuge) nachnutzbar? Ist eine Integration der Inhalte in andere, z.B. übergreifende, Systeme möglich?

4.10. Soziabilität. Ist die Edition mit sozialen Medien oder virtuellen Forschungsumgebungen verbunden, um das Teilen oder die Diskussion einzelner Inhaltsteile zu erleichtern? Ist die Edition über die sozialen Medien in ihre jeweilige Fachgemeinschaft eingebunden?

4.11. Spin-offs und Exportformate. Gibt es alternative Ausgabeformen? Dies können z.B. Druckformate sein, aber auch digitale Formate für spezielle Lesgeräte (e-Books, Apps für Smartphones und Tablet-PCs etc.).

4.12. Grunddaten. Sind die Grunddaten der Edition  (z.B. in XML) verfügbar und wenn ja, auf welche Weise? Werden sie für einzelne Dokumente oder en bloc bereit gestellt? Als Teil der Editions-Präsentation oder in einem externen Repositorium? Wenn sie nicht bereit gestellt werden: wird diese Entscheidung begründet?

4.13. Rechte und Lizenzen. Macht die Edition hinreichende Angaben zu den rechtlichen Möglichkeiten und Beschränkungen für die Nachnutzung der verschiedenen Inhalte (z.B. Bilder, Transkriptionen, Kommentare)? Folgt die Edition einem Rechtemodell, dass eine wissenschaftliche Nachnutzung ermöglicht? Wird ein bestimmtes Lizenzmodell (z.B. Creative Commons) verwendet?

4.14. Weitere Features. Bietet die Edition besondere erwähnenswerte, z.B. nützliche oder ungewöhnliche, Funktionalitäten? Dies können z.B. besondere Visualisierung, interaktive Funktionen, Kommentarfunktionen, Möglichkeiten der Bildmanipulation, Personalisierungsfunktionen etc. sein.

4.15. Dokumentation und begleitende Texte. Verfügt die Edition über thematisch einführende und erläuternde Texte? Gibt es Hilfetexte? Ist die Edition von ihren Inhalten her, als Editionsprojekt und von ihrer technischen Umsetzung her hinreichend dokumentiert? Ist die Auswahl der Inhalte beschrieben und ihre Herkunft nachgewiesen? Sind die Editionsrichtlinien ausführlich und klar?

4.16. Dauerhafte Nutzbarkeit. Wie sind die Aussichten für eine dauerhafte Nutzbarkeit? Ist die Edition abgeschlossen? Wird sie fortgeführt? Ist damit zu rechnen, dass verantwortliche Institutionen für das dauerhafte Funktionieren der Edition sorgen werden? Werden die Grunddaten archiviert? Gibt es einen Plan für den Erhalt der Zugänglichkeit der Präsentation?

5. Fazit

5.1. Terminologische Einordnung. Handelt es sich eigentlich um eine digitale (wissenschaftliche, kritische) Edition und in welchem Sinne? Wie würde man die Ressource präzise beschreiben? Falls bestimmte Mindestanforderungen nicht erfüllt sind („editorische Basics“ wie Dokumentation, Regelorientierung, Transparenz und Qualität) ist darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um eine Publikation handelt, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügt und damit auch nicht um eine digitale kritische Edition.

5.2. Erreichung der Ziele. In welchem Umfang hat die Edition die selbst gesteckten Ziele erreicht?

5.3. Erfüllung von allgemeinen Anforderungen. Sind die Anforderungen, die man heute an eine digitale Edition stellen muss, erreicht worden? Es gibt zwei „editorische Basics“, die unbedingt einzuhalten sind: (1) „sag, was du tust, und halte dich daran“; (2) „bewahre ein wissenschaftliches Qualitätsniveau“. Ist die Edition ausreichend dokumentiert? Ist sie zitierfähig? Ist sie transparent? Wie ist die Qualität der Inhalte (Abbildungen, Texte, Erschließung, Kontextinformationen) insgesamt zu bewerten?

5.4. Spezifischer Beitrag der Edition? Welchen Beitrag leistet die Edition zum inhaltlichen Forschungsstand? Welchen Beitrag leistet sie zur methodischen Entwicklung und zur Etablierung von best practices digitaler Editionen? Inwiefern leistet die Edition mehr, als eine gedruckte Version leisten könnte?

5.5. Besonderheiten. Welche besonderen, möglicherweise auch guten und innovativen Eigenschaften bietet die Edition, die möglicherweise jenseits eines allgemeinen Kriterienrasters erwähnenswert sind?

5.6. Benutzbarkeit, Nützlichkeit und Qualität. Ist die Edition insgesamt gut benutzbar? Leistet sie einen nützlichen Beitrag für die Forschung in bestimmten Bereichen? Wie hoch ist ihre wissenschaftliche Qualität?

5.7. Verbesserungsvorschläge. Wenn das Projekt noch nicht abgeschlossen ist: was wären die nächsten naheliegenden Verbesserungsmöglichkeiten? Was würde man sich wünschen?

Literatur:

 

Beispielbesprechungen:

 


[1] Siehe dazu auch die Definition auf der „about-page“ des Katalogs für „Digital Scholarly Editions“.

[2] Diese ist der Ausgangspunkt für traditionelle Variantenapparate.

[3] Beispiele wären hier die feingranulare Kreditierung der editorischen Leistungen, die Bereitstellung von Grunddaten an technischen Schnittstellen oder die semantische Aufbereitung editorischer Inhalte.

[4] Für das erstere wäre z.B. an die Kollation bei unikal überlieferten Texten zu denken. Für das letztere an den Verzicht auf Textverbesserung.

 

Ein Kommentar zu „Kriterienkatalog für die Besprechung digitaler Editionen

  • 16/12/2014 um 21:50 Uhr
    Permalink

    PatrickSahle on June 25, 2014 at 11:03 am

    Auf den Seiten der DFG gibt es neuerdings etwas ähnliches: „Kriterien für die Begutachtung wissenschaftlicher Editionen“ – http://www.dfg.de/foerderung/grundlagen_rahmenbedingungen/informationen_fachwissenschaften/geistes_sozialwissenschaften/kriterien_begutachtung_wissenschaftlicher_editionen/index.html

    Leider ist es kein wirklich zitierfähiger Beitrag:

    1.) es wird nicht angegeben, wer dahinter steckt – keine Autoren, keine Verantwortlichkeiten
    2.) kein Publikationsdatum
    3.) keine Referenzen, keine Bezugnahme auf andere Arbeiten auf diesem Gebiet
    4.) auf andere Papiere wird implizit Bezug genommen, ohne sie genau nachzuweisen
    5.) der Geltungsbereich wird nicht benannt; im Titel steht „wissenschaftliche Editionen“, im Text ist vom „Fachkollegium Literaturwissenschaft“ die Rede
    6.) keine Angaben zu Zielstellung, Anwendungsbereich, Verbindlichkeitsgrad etc.

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